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Gedenken Franz Jägerstätters, der am 9. August 1943 als Kriegsdienstverweigerer hingerichtet wurde

09. Aug 2007

Am heutigen 64. Jahrestag seines Todes findet - wie jedes Jahr - in Ostermiething und St Radegund (Österreich) eine Gedenkfeier statt. Den Festvortrag hält Prof. Roman Siebenroch (Innsbruck) zum Thema: " Nicht von dieser Welt..." - Franz Jägerstätters gelebtes Credo. In einem Podiumsgespräch würdigen neben dem Referenten Dr. Hildegard Goss-Mayr, C…

In dem von pax christi mit herausgegebenen Büchlein „Frieden stiften – jeden Tag“ steht am heutigen 9.8. folgender Text von Franz Jägerstätter:

„Heutzutage hört man immer wieder, dass das Individuum nichts mehr ausrichten kann. Laut zu protestieren bedeute nur Gefangenschaft und Tod. Richtig, wir können nicht mehr viel tun, um den gesamten Kurs zu ändern, den die Weltgeschichte nimmt. Aber solange wir in dieser Welt leben, glaube ich, ist es niemals zu spät, uns selbst und vielleicht die eine oder andere Seele für Christus zu erhalten.“

Frühere Informationen dazu in der Kurzmeldung vom 19.6.07 auf dieser Homepage.

pax christi Rottenburg-Stuttgart hat sein Leben ausführlich dargestellt und gewürdigt. Dieser Text folgt hier.

Am 9.August 1943 wurde der Bauer Franz Jägerstätter aus St. Radegund an der Salzach (Oberösterreich) im Gefängnis Brandenburg enthauptet. Als einer der wenigen Kriegsdienstverweigerer im Dritten Reich hatte ihn das Reichskriegsgericht in Berlin wegen Wehrkraftzersetzung zum Tode verurteilt.

Jägerstätter, geboren 1907, war in armen Verhältnissen aufgewachsen. Er besuchte die Volksschule, arbeitete in der Landwirtschaft mit und ging einige Jahre in den Erzbergbau, bevor er 1930 wieder in sein Heimatdorf zurückkehrte. Wie seine Altersgenossen war er in dieser Zeit kein Kind von Traurigkeit. Bei Wirtshausbesuchen, auch den gelegentlichen Raufereien, war er mittendrin dabei. Die jungen Mädchen mochten ihn. Ein Foto aus jenen Jahren zeigt ihn als stolzen Besitzer des ersten Motorrads im Dorf. 1933 hatte er eine kurze Liebesbeziehung, aus der seine erste Tochter stammt.
1936 heiratete er Franziska, eine junge Frau aus dem Nachbardorf. Beide waren durch ihre Erziehung katholisch geprägt. Aber unter dem Einfluss Franziskas vertiefte Franz seinen Glauben durch intensive Gespräche, Lektüre und Teilnahme am Leben der Kirchengemeinde. Die Ehe, aus der drei Kinder hervorgingen, war sehr glücklich.

Nach dem Einmarsch deutscher Truppen in Österreich im Frühjahr 1938 wuchs auch in St.Radegund der Druck auf die Bevölkerung, das nationalsozialistische neue Regime zu unterstützen. Jägerstätter lehnte die Diktatur von Anfang an ab. Ein Angebot, Bürgermeister zu werden, schlug er aus. Bei Geldsammlungen zugunsten nationalsozialistischer Zwecke gab er nichts, obwohl er sonst immer bereit war, in Notfällen auch finanziell zu helfen. Bei der angeordneten Volksabstimmung zur Bestätigung des Anschlusses Österreichs ans Deutsche Reich stimmte er als Einziger im Dorf mit Nein. In der Folgezeit zog er sich immer mehr aus der Öffentlichkeit zurück, um nicht in politische Gespräche im Wirtshaus verwickelt zu werden. Er merkte, dass so mancher im Dorf kein Verständnis für seine Haltung zeigte.
Aufmerksam registrierte er, wie in seiner engeren Heimat zahlreiche Priester ins Gefängnis kamen, weil sie in ihren Predigten den Nationalsozialismus kritisiert hatten. Dies alles bestärkte Jägerstätter in seiner ablehnenden Haltung. Während seiner militärischen Grundausbildung, zu der er 1940/41 einrücken musste, lernte er den Alltag unter Befehl und Gehorsam kennen. Dort reifte sein Entschluss, nicht für Hitler in den Krieg zu ziehen. Er sah, dass Deutschland damals einen Angriffskrieg führte - an diesem Unrecht wollte er sich nicht beteiligen. In dieser Zeit notierte Jägerstätter: " Wir sollten aber nicht bloß Katholiken des Gebetes sondern auch der Tat sein... Wenn es auch nicht Sünde sein. sollte, wenn wir Katholiken für den nationalsozialistischen Sieg kämpfen, opfern und arbeiten, so scheint es mir doch eine ganz unmögliche Sache zu sein, dass wir auf unser Beten um den Frieden auch Erhörung finden könnten, wenn wir in der Tat das gerade Gegenteil von dem tun um was wir beten."

Als Jägerstätter im Februar 1943 die Einberufung zum Kriegseinsatz erhielt, war sein Entschluss klar: Er erklärte in der Kaserne seine Kriegsdienstverweigerung. Daraufhin wurde er inhaftiert, zunächst in Linz, später in Berlin. Jägerstätter wäre bereit gewesen, als Sanitäter zu dienen - diese Möglichkeit wollte ihm die Wehrmacht nicht einräumen. So war ihm das Todesurteil sicher. Jägerstätters Aufzeichnungen und Briefe zeigen, dass er sich über die Folgen seines Handelns im Klaren war. Alle Versuche von Verwandten, Priestern, sogar des Bischofs von Linz, schlugen fehl, ihn mit Rücksicht auf seine Familie von seinem Weg abzubringen. In einem Abschiedsbrief schreibt Jägerstätter: "Immer wieder möchte man einem das Gewissen erschweren betreffs Gattin und Kinder. Sollte die Tat, die man begeht, dadurch vielleicht besser sein, weil man verheiratet ist und Kinder hat? Oder ist deswegen die Tat besser oder schlechter, weil es Tausende anderer Katholiken auch tun?... Zu was hat denn Gott alle Menschen mit einem Verstande und freien Willen ausgestattet, wenn es uns, wie so manche sagen, gar nicht einmal zu steht, zu entscheiden, ob dieser Krieg, den Deutschland führt, gerecht oder ungerecht ist? Zu was braucht man dann noch eine Erkenntnis zwischen dem, was Gut oder Böse ist? ".

Franziska Jägerstätter hielt bis zuletzt zu ihrem Ehemann. Sie teilte seine Beweggründe, auch wenn ihr bewusst war, dass mit der alleinigen Verantwortung für drei kleine Kinder und einen Bauernhof auf sie eine schwere Zeit zukommen würde. In den ersten Nachkriegsjahren musste sie noch um eine Hinterbliebenenrente streiten, viele Dorfbewohner traten ihr lange mit Ablehnung gegenüber. Erst im Jahre 1997 war es soweit, dass das Landgericht Berlin das Urteil gegen Franz Jägerstätter formell als Unrechtsurteil aufhob - für die Familie eine späte Genugtuung. Nur wenige deutsche und österreichische Katholiken trafen im Zweiten Weltkrieg die gleiche Entscheidung wie Jägerstätter. Die allermeisten machten den Krieg - teils begeistert, teils widerwillig - mit. Auch die Kirchenleitung konnte sich trotz der feindseligen Haltung der Nationalsozialisten der Kirche gegenüber nirgends dazu entschließen, ihre Gläubigen zu ähnlich konsequentem Handeln aufzurufen.
Zu den wenigen, die wie Jägerstätter handelten, gehören der österreichische Pallotinerpater Franz Reinisch sowie die beiden Bauern Michael Lerpscher aus Missen im Allgäu und Josef Ruf aus Hochberg bei Saulgau. Sie alle wurden zum Tode verurteilt und ermordet.

Literaturhinweise:

1. Putz, Erna (Hg.), Gefängnisbriefe und Aufzeichnungen. Franz Jägerstätter verweigert 1943 den Wehrdienst, Veritas Verlag, Linz 1987.

2. Putz, Erna, Franz Jägerstetter: besser die Hände als der Wille gefesselt, Veritas Verlag, Linz, 1985.